Zur Berichterstattung der WDR-Lokalzeit, Studio Wuppertal vom 18.6.2015 anlässlich des Prozessauftakts im §129a/b-Verfahren gegen Latife A. im OLG Düsseldorf am gleichen Tag.
Wir kritisieren die manipulative Berichterstattung der WDR-Lokalzeit, Studio Wuppertal, zum Auftakt des Verfahrens gegen Latife A. am Donnerstag, den 18.6.2015. Die Wuppertalerin ist vor dem OLG Düsseldorf im dortigen Hochsicherheitsgebäude angeklagt, entsprechend der umstrittenen Paragraphen 129 a und b eine «ausländische terroristische Vereinigung» in der Türkei unterstützt zu haben und sogar ihr Mitglied zu sein.
Wir begrüßen das Interesse der WDR-Lokalzeit an dem Verfahren. Wir sind der Ansicht, dass die Behandlung von Latife A. durch die Bundesanwaltschaft jetzt und an den weiteren Verhandlungstagen ein öffentliches Interesse verdient hat. Und zwar vor allem in ihrer Heimatstadt Wuppertal, in der die zweifache Mutter und Einzelhändlerin vielfältig und bestens verankert ist.
Wir kritisieren aber gleichzeitig die vorveruteilende und manipulative Bildauswahl des WDR-Lokalzeit-Berichtes. Vor allem die aus dem Archiv zwischengeschnittenen Aufnahmen von Waffen und Munition suggerieren eine terroristische Tätigkeit, bzw. eine große Gefährlichkeit. Tatsache ist aber, dass weder jetzt noch in der Vergangenheit – bspw. bei der im Bericht im Bildzusammenhang erwähnten Razzia vor zwei Jahren – Waffen bei unserer Freundin gefunden wurden. Eine Bewaffnung wird Latife A. nicht einmal von den Bundesanwälten vorgeworfen. Weiterhin kritisieren wir den im Bericht verwendeten Hinweis auf Aktionen einer militanten Gruppe aus dem Jahr 1983, mit dem eine irgendwie geartete terroristische Tätigkeit in Deutschland suggeriert werden soll.
Im Düsseldorfer Verfahren geht es ausschließlich um den Versuch, legale demokratische Tätigkeiten und Aktionen in Deutschland zu kriminalisieren, wie bspw. Anmeldung und Teilnahme an Demonstrationen, u.A. an den Solidaritätsdemonstrationen in Wuppertal oder Köln nach den Räumungen des Gezi-Parks in Istanbul im Jahr 2013. Zu diesem Zweck wird im Verfahren gegen Latife A. durch die Bundesanwaltschaft eine Deckungsgleichheit der in Wuppertal ansässigen «Anatolischen Föderation» und der türkischen DHKP/C behauptet. Diese Behauptung wird in dem WDR-Bericht bereits als Tatsache übernommen, obwohl sie im Verlauf des Prozesses zunächst einer Beweisführung durch die Bundesanwälte bedarf. Erfahrungen aus vergangenen Prozessen machen dabei deutlich, dass diese ausstehende Beweisführung zudem eine kritische öffentliche Begleitung erfordern wird.
Der WDR-Bericht, der im Übrigen nur den Gerichtssprecher zu Wort kommen ließ, obwohl auch die Verteidigung zu einem Gespräch bereit war, vergibt die Chance einer kritischen Beleuchtung der Vorwürfe und vor allem der unangemessenen Umstände des Verfahrens und der seinerzeitigen Verhaftung von Latife A. An keiner Stelle wird z.B. hinterfragt, wieso die Verhaftung einer unbewaffneten einzelnen Frau den Einsatz von «270 Beamten» erforderte.
Wir hoffen, dass auch zukünftig eine Berichterstattung durch die lokalen Medien stattfindet, bei der dann jedoch auf reißerische Methoden der Montage und einseitige Informationen verzichtet wird. Die Anklage und der Prozess gegen unsere Freundin verdienen eine ausgewogene, sachliche und kritische mediale Begleitung.
Gerne können Sie über uns weitere Informationen erhalten, u.U. auch einen Kontakt zu Latife A. vermittelt bekommen, die ggf. zu Gesprächen mit PressevertreterInnen bereit ist. Weitere Informationen und Prozessberichte werden in Kürze auf einer eigenen Website zum Verfahren veröffentlicht: http://prozessbericht.noblogs.org
Mit freundlichen Grüßen – Freunde und Freundinnen von Latife
Hier ist der in der PM angesprochene Bericht der WDR-Lokalzeit